CHANSONS
Alle Songs & Chansons zum reinhören. Die Lieder sind kurze Ausschnitte. Wer mehr hören will, schaut sich meine Videos auf meinem YouTube-Channel, kauft mein Album oder streamt- wenn es unbedingt sein muss – bei den (uns Künstler ausbeutenden) Streaminganbietern Spotify, Apple & Co.
WENN MÖGLICH BITTE WENDEN
(Album 2022)
Wenn möglich bitte wenden| Ausschnitt
Eine Mutter rast mit ihren Kindern über die Autobahn und wird zur Geisterfahrerin.
Bonusspiel | Ausschnitt
Das Leben ist ein Spiel … das beginnt früh als Kind am Spielautomaten. Und endet oft auch dort .
Die Ampeln der Stadt | Ausschnitt
Das Leben steht still, wenn die Ampeln auf rot schalten. Ein Land im Lock-Down.
Nur Bauern in diesem Spiel | Ausschnitt
Die Welt in 55 Jahren, in einem Sci-Fi-Blues.
Ich erinnere mich nicht mehr | Ausschnitt
Das Lied eines alten weißen Mannes.
Juri Gagarin ist tot | Ausschnitt
1968: Der Tod Juri Gagarins, das Ende einer Liebe und der Zusammenbruch eines Imperiums.
Frau mit Hund | Ausschnitt
Ein Sommertag auf dem Balkon, zusammen mit dem treuesten Freund des Menschen.
Harry’s Bar | Ausschnitt
Keiner trinkt allein in Harrys Bar. Doch irgendetwas stimmt hier nicht.
An der Bushaltestelle | Ausschnitt
Kann es heute noch Liebeslieder geben? Ja. Über die Liebe am Ende des Lebens.
Der große Regen | Ausschnitt
Warten dass der grosse Regen kommt …
Die Stimme am anderen Ende | Ausschnitt
Wiedersehen mit einer Telefonstimme … und die Lösung des Wohnungsproblems.
UNSINKBAR
(Album 2019)
Wie glücklich bist Du auf einer Skala von eins bis zehn | Ausschnitt
Eine Frau und ihr Ex-Mann. Ein schonungsloser Bericht von der dunklen Seite des Mondes und der menschlichen Beziehungen.
Das Bad ist nicht groß genug für Dich und mich | Ausschnitt
Ein Showdown vor dem Badezimmerspiegel.
Frau Z. und Herr K. | Ausschnitt
Eine Story aus der Banksterbranche, geschrieben kurz nach der Lehman Brother Pleite und der darauf folgenden Finanzkrise. Herrn K. kenne ich persönlich, er heißt natürlich anders. Aber die Story ist ziemlich wahr.
Unsinkbar | Ausschnitt
Das Chanson, das wie kein anderes meiner Chansons die Tragik zu Ende gehender menschlicher Beziehungen seziert, mit freundlicher Unterstützung durch die Minibar im Zimmer 102 des Miramar, einem Bahnhofshotel in Bad Pyrmont. Das leicht angetrunkene Saxophon spielt Tobias Klug.
Sie und er | Ausschnitt
Sommer, Sonne, Strand. Die schönsten Wochen des Jahres könnten so schön sein, wenn die Liebe nicht zu Ende wäre.
Sonntags früh um zehn | Ausschnitt
Sonntag morgens ist die Welt noch in Ordnung. Zumindest bei Mama, Papa, Kind und Hund.
Er hieß Erika | Ausschnitt
Ein Insider-Bericht aus der katholischen Kirche. Ein Pastor im falschen Körper.
Der Tag an dem Georg vorüberging | Ausschnitt
Drei Leute , die sich nicht kennen. Dann laufen sie sich zufällig über den Weg und die Welt ist nicht mehr dieselbe.
Die Nase von Brad Pitt | Ausschnitt
Schönheit ist machbar, wenn man eine goldene Kreditkarte hat. Wer kein Geld hat, besorgt sich welches mittels Banküberfall.
Schönen guten Tag | Ausschnitt
Versicherungsmitarbeiter sind auch nur Menschen … doch Menschen braucht die Versicherung immer weniger …
Die längste Nacht in diesem Jahr| Ausschnitt
Ein Silvester allein unter Leuten kann sehr einsam sein.
Alles ist wie immer aber nichts ist wie es war | Ausschnitt
Ein Mensch ist nicht mehr da, aber die Welt dreht sich weiter.
Sie träumt vom Meer | Ausschnitt
Ein Lied über das Schicksal oder besser gesagt, den Zufall, der unser Leben bestimmt. Was für ein Zufall – und unverdientes Glück -, in Köln, Hamburg oder Wipperfürth geboren zu sein und nicht in Aleppo, Sanaa oder Kabul.
CHANSONTEXTE
W E N N M Ö G L I C H B I T T E W E N D E N (Album 2022)
Der Tachometer zeigt hundertfünfzig kmh,
im Sommercamp warten die Kinder auf Mama,
in der Stadt wartet der Bankberater, um mit ihr zu reden,
wie’s weitergeht mit ihren Raten und mit ihrem Leben.
Die Lüftung röchelt nur noch und die Sonne knallt aufs Dach,
wo ist bloß das Aspirin im Handschuhfach?
Die Frau im Navi sagt: vierzehn Kilometer Stau,
die Tochter ruft: Ich brauch Tampons, ich laufe aus!
Dem Sohn läuft grüner Rotz von der Nase in den Mund,
doch sie denkt nur an Schulden, Schufa und und und …
Der Banker muss sie retten mit seiner Unterschrift,
im Rückspiegel prüft sie ihr MakeUp und den Lippenstift.
Die Frau im Navi sagt: wenn möglich bitte wenden!
Die Frau im Navi sagt: wenn möglich bitte wenden!
Die Frau im Navi meldet: Delay fünfzig Minuten,
die Tochter fragt: Muss ich ohne Tampon verbluten?
Sie steigt hart auf die Bremse, vorne fängt der Stau schon an,
die Zeit läuft ab für ihren Bankenrettungsplan,
die Tankuhr steht bei rot, keine Ausfahrt nirgendwo,
auf der Rückbank schreit der Sohn: Mama! Ich muss aufs Klo!
Die Frau im Navi sagt: wenn möglich bitte wenden!
Die Frau im Navi sagt: wenn möglich bitte wenden!
Am Horizont sieht sie die Skyline der Stadt,
auf der Gegenfahrbahn, sieht sie, haben Autos freie Fahrt.
Sie reißt das Steuer rum, fährt in die Sonne rein,
die Welt ist jetzt ganz still, nur Sohn und Tochter schrein.
Die Frau im Navi sagt: wenn möglich bitte wenden!
Die Frau im Navi sagt: wenn möglich bitte wenden!
BONUSSPIEL
Hinter’m Tresen zapfte Inga Bier aus dem Hahn,
an der Jukebox stand Vater mit Sohnemann,
am Tisch saßen Männer und spielten Skat,
an der Wand klackte leise der Astor Rotomat.
Der Sohn bekam ne Limo, der Vater Pils und Schnaps,
dann gab Vater Sohnemann Groschen und nen Klaps :
“Ich trink jetzt Bier! und Du verdienst was Geld.
Gewinnst Du das Superspiel, bist Du mein Held!”
Das ganze Leben ist ein Spiel
Wirf’ nen Groschen, drück auf ‘Start’!
Der Super Bonus ist das Ziel,
Geld verdient, Zeit gespart!
Das ganze Leben ist ein Spiel,
Start und Stop und Risiko.
Riskier 10 Groschen, 10 Groschen sind nicht viel.
Mit etwas Glück gibt’s noch ein Bonusspiel.
Der Kleine auf dem Stuhl warf Groschen in den Schlitz,
der Große warf Blicke in Ingas Halsausschnitt.
Die Skatspieler pafften, die Walzen machten klack
und die Luft war schwer von Bierdunst und Tabak.
Inga ging zur Jukebox, drückte “Waterloo”,
der Vater grinste, haute Inga auf den Po.
‘Dreierkombi!’ schrie der Sohn, es machte bing bing
und Inga machte Witze über Vaters Ehering.
Das ganze Leben ist ein Spiel
Wirf’ nen Groschen, drück auf ‘Start’!
Der Super Bonus ist das Ziel,
Geld verdient, Zeit gespart!
Das ganze Leben ist ein Spiel,
Start und Stop und Risiko.
Riskier 10 Groschen, 10 Groschen sind nicht viel.
Mit etwas Glück gibt’s noch ein Bonusspiel.
Ingas Eck ist längst ein Hipstercafé
und Vater trinkt sein Bier jetzt in der Demenz-WG.
Der Sohnemann ist fünfzig, lebt ganz allein
und loggt sich jede Nacht im Spielcasino ein.
Sein Astor Rotomat heißt nun Miners Luck,
der Sohn schürft jetzt Gold, trinkt und raucht Tabak.
Er geht auf Risiko, setzt sein letztes Geld,
gewinnt er das Superspiel ist er Vaters Held.
Das ganze Leben ist ein Spiel,
Wirf’ nen Euro, drück auf ‘Start’!
Der Super Jackpot ist das Ziel,
Diamonds, Pearls, Platinum Mastercard!
Das ganze Leben ist ein Spiel,
Start und Stop und Risiko.
Riskier zehn Euro, zehn Euro sind nicht viel.
Mit etwas Glück gibt’s noch ein Bonusspiel.
DIE AMPELN DER STADT
Ein Tiefdruckgebiet liegt auf der Stadt,
das Thermometer zeigt sechs Grad,
Tropfen platschen auf den Asphalt,
der Wind pfeift um die Haftanstalt,
in Pfützen schwimmen Regenblasen,
Krähen zerren Würmer aus dem Rasen,
die Ampeln der Stadt schalten auf rot.
Ein Bus fährt langsam um die Ecke,
ein Penner pinkelt an die Hecke,
Leute drängeln an der Haltestelle,
ein Rentner beißt eine Frikadelle,
ein kleines Kind bohrt in der Nase,
ein Schäferhund leert seine Blase,
die Frau an der Ampel wartet auf grün.
Männer halten Frau’n im Arm,
ein geparktes Auto hupt Alarm,
Schlaraffia gibt Preis-Rabatt,
Wolken liegen auf der Stadt,
die Spielothek wirbt ‘Spiel doch mit’,
Mc Frites verkauft frische Pommes Frites,
ein Mann mit Rucksack wartet auf grün.
Im Rinnstein schwimmt eine tote Ente,
die SPD will die Flexi-Rente,
ein Flaschensammler wühlt im Dreck,
ein Anzugträger schaut schnell weg,
vor’m Bahnhof inhalieren Raucher,
ein Straßenkehrer fegt den Vorplatz sauber,
der IC in Gleis drei wartet auf grün.
Wind zerrt an den Wahlplakaten,
Schlangen warten an Automaten
Leute ziehen Rollkoffer,
im Gang liegt ein Besoffener,
Nachtschicht im Polizeirevier,
ein Rucksack liegt auf Bahnsteig vier,
die Welt steht still und wartet auf grün.
NUR BAUERN IN DIESEM SPIEL
Welcome stranger, welcome to Lizzys Bar!
Dolls in the Box, Entertainment jeder Art,
Jill ist grad frei, und Claire und auch Sue Wong,
Ruby zieht sich für Dich aus und singt den Night-City -Song.
Liebst Du die Gefahr? Willst Du Sex – Appeal?
Komm zu Lizzy, Lizzy verspricht Dir nie zuviel.
Nur einer kann der König sein,
die andern sind nur Bauern in diesem Spiel.
Claire mixt die Drinks, und Jill strippt im Salon,
Vi in Box neun wird bedient von Sue Wong.
Voice call auf Line Five, ein Job, noch diese Nacht.
De Shawn, der Fixer, sagt, Royce hat den Chip,
der unsterblich macht.
Die einen haben Geld, die andern Sex-Appeal,
doch Vi glaubt noch immer an den großen Deal.
Nur einer kann der König sein,
die andern sind nur Bauern in diesem Spiel.
Ruby zieht sich wieder an und Claire ist endlich high,
De Shawn zählt sein Geld und grinst wie ein Hai.
Royce zieht ‘ne Line und Jill kaut Bubble Gum,
an der Ecke wartet Vi und schießt,
doch Royce ist nur ein Hologramm.
Nur einer kann der Killer sein, alle andern sind bloß Ziel,
und jeder stirbt für sich allein,
Nur einer kann der König sein,
die andern sind nur Bauern in diesem Spiel.
ICH ERINNER MICH NICHT MEHR
Deck den Tisch, koch Kaffee!
Nicht so laut! Mein Kopf tut weh.
Zünd eine an! Lass mich ziehn.
Nikotin ist meine Medizin!
Kaffee fertig? Gieß was ein!
Kratz mich, unten, das linke Bein.
Hol die Zeitung! Lies mir vor!
Der Meeresspiegel steigt wie nie zuvor!?
Irgendwie ist mir fad,
hol die Pillen aus dem Bad.
Du und ich am Meer.
Wie lang ist das schon her?
Ich erinner mich nicht mehr.
Steh nicht rum, mach den Spül,
Räum ab, entsorg den Müll!
Sei mal leise, hörst Du die See?
Nein? Kipp Asbach in meinen Kaffee!
Irgendwie ist mir fad,
Ich brauch noch Pillen aus dem Bad.
Du und ich am Meer.
Wie lang ist das schon her?
Ich erinner mich nicht mehr.
Ich muss, bring mich ins Klo,
Putz das Becken und meinen Po.
Halt den Spiegel! Wie seh ich aus?
Kann ich so aus dem Haus?
Irgendwie ist mir fad,
komm, schieb michaus dem Bad.
Du und ich am Meer,
wie lang ist das schon her?
Ich erinner mich nicht mehr.
JURI GAGARIN IST TOT
Der Sommerwind wehte durch das Haus,
am Fenster blühte ein Rosenstrauß,
wir tranken Tee am Küchentisch,
Staub tanzte durch das Sonnenlicht.
Ich traf Karina an jenem Tag
in der Warteschlange vor’m Einkaufsmarkt,
die Milch war aus, es gab kein Brot
und die Prawda schrieb: Juri Gagarin ist tot.
Wir aßen Pelmeni im Puschkin-Restaurant,
Kakerlaken liefen über die Wand,
es roch nach Klo und verfaultem Fisch,
ein Trinker schlief am Nebentisch.
Dann hörten wir an der Universität,
‘Wladimir Illitsch Lenin und die Elektrizität’.
Wir schauten auf Moskau im Abendrot
und Karina sagte: Juri Gagarin ist tot.
Der Herbstwind pfeift um das Haus,
am Fenster welkt der Rosenstrauß,
ich sitz allein am Küchentisch,
Staub fällt leise auf mein Gesicht.
Das Licht brennt noch im Gorki Park,
Lenin träumt noch immer in seinem Sarg,
der Don Kosakenchor singt vom Morgenrot,
doch die alten Birken flüstern: Wladimir Putin ist tot.
FRAU MIT HUND
Sommertag, Südbalkong,
Radio, Schmusesong.
Hundekorb, Liegestuhl,
Wassernapf, Gin Gin Mule.
Pedegree, Marlboro,
Cocktailglas, Cheerio!
Hundemaul, Erdbeermund,
Ohrenkraul’n, Frau mit Hund,
Frau mit Hund.
Sommertag, Südbalkong,
Radio, Schmusesong.
Hitzestau, Wasserschlauch,
Sonnenspray, Schwabbelbauch.
Leckerli, Dackelblick,
Mon Cherie, Pfötchentrick.
Hundekuss, Erdbeermund,
Speichelfluss, Frau mit Hund.
Frau mit Hund.
HARRYS BAR
Drei Cuba libre, zweimal Gin Fizz,
ein Manhattan und ein Sex on the beach.
Ich sitz am Tresen, zähl die Drinks,
die vorüberziehn.
Mein Glas ist leer, Harry lächelt fein,
schwingt den Shaker und gießt ein.
Ich mag Harry, das ist wahr.
Keiner trinkt allein in Harrys Bar.
Zwei Bloody Mary, einmal Mai Tai,
zwei Whiskey Sour, ein Martini Dry.
Jill sitzt am Tresen, zählt die Drinks,
die vorüberziehn.
Ihr Glas ist leer, ich lad sie ein,
Harry mixt und lächelt fein.
Alle mögen Jill, das ist wahr:
Keiner trinkt allein in Harrys Bar.
Jill trank Daiquiri, ich Rusty Nail
Wir machten Witze und lachten viel.
Ich wollte zahln, doch Harry lud sie ein.
Nachhause ging ich allein.
Jill mixt jetzt Drinks und lächelt nett,
Harry sitzt am Tresen, wird langsam fett.
Ich mochte Jill, das ist wahr.
Keiner trinkt allein in Harrys Bar.
Keiner trinkt allein in Harrys Bar.
Keiner trinkt allein, doch ich trink nicht mehr
in Harrys Bar.
AN DER BUSHALTESTELLE
Die Magnolien blühn rosarot und weiß
an diesem Sonntag Ende Mai.
An der Bushaltestelle vor der Villa im Park
sitzt Karin auf der Bank.
Dann kommt ein fremder Mann, sagt: Guten Tag!
Fährt hier ein Bus ab in die Stadt?
Sie nickt und schaut ihn an,
woher kennt sie diesen Mann?
Sie murmelt: der Bus ist heut spät dran.
Ja, dann warten wir solang, sagt er und lacht sie an
und dann setzt er sich zu ihr auf die Bank.
Doch das ist ihr viel zu nah,
und so rückt sie ans Ende der Bank
und dann schaut sie in die Ferne
und tut so, als wär er gar nicht da.
Die Magnolien blühn rosarot und weiß,
doch etwas ist anders, Karin wird heiß.
Kein Bus weit und breit, sie will doch nach Haus,
Karin weiß nicht ein noch aus.
Und der Mann neben ihr redet und macht Scherze,
solang, bis sie doch noch lachen muss.
Dann kommt der Moment, in dem er seinen Namen nennt,
und sie glaubt, dass sie Helmut ewig kennt.
Der Bus ist nicht gekommen,
doch das nimmt sie nicht mehr wahr,
das Zuhause ist vergessen
und die Villa im Park.
Dann pflückt Helmut eine Blüte
rosarot vom Magnolienstrauch
und Karin fühlt ganz plötzlich
ein Kribbeln in ihrem Bauch.
Dann kommt ein junger Mann
aus der Villa im Park
ruft ihnen zu: “Wir gehn nach Haus!
Der Bus ist längst weg, Zeit für’s Abendbrot
und einen Film im Fernsehraum.”
Da muß Karin weinen und sie greift Helmuts Hand
und der Mann führt die beiden zur Villa im Park.
Am nächsten Tag an der Haltestelle,
fragt sich Karin, woher kenn ich diesen Mann?
Und Helmut redet und macht Scherze,
bis sie doch noch lachen kann.
DER GROSSE REGEN
Ich sitz am Fenster, schaue auf die Strasse,
seh das kleine Kind, das vorübergeht.
Ich seh den alten Mann und seinen dicken Hund
und die junge Frau, die an der Ecke steht.
Ich zähle die Stunden, Minuten und Sekunden
notier die Tage, Monate und Jahre.
Ich seh’, wie das Kind Klingelknöpfe drückt
und der Mann an der Hundeleine zerrt.
Ich seh’, wie die Frau Lippenstift aufträgt
und der dicke Hund seinen Darm entleert.
Ich zähle die Stunden, Minuten und Sekunden
notier die Tage, Monate und Jahre
und warte, dass der große Regen fällt,
und warte, dass der große Regen fällt.
Ich seh, wie der Mann das kleine Kind verjagt
und die Frau einem Auto winkt.
Ich seh, wie der Mann in den Hundehaufen tritt
und der dicke Hund vor das Auto springt.
Ich zähl’ die Stunden, Minuten und Sekunden
notier die Tage, Monate und Jahre
und warte, dass der große Regen fällt,
und warte, dass der große Regen fällt.
DIE STIMME AM ANDEREN ENDE
Ein Uhr nachts, ich lieg im Bett,
das Handy auf dem Fensterbrett
vibriert und holt mich aus dem Schlaf.
Am andern Ende ist eine Stimme,
die ich irgendwie von früher kenne.
Sie sagt: Hase, bist Du noch wach?
Ich wollte nicht stör’n, tut mir leid,
ich wollte nur deine Stimme hörn.
Liegt jemand neben Dir?
Oder bist Du allein?
Ich steh vor Deinem Haus
kann gleich bei Dir sein.
Zehn Uhr morgens, ich dreh mich noch mal um,
jemand fummelt unten an mir rum und sagt:
Hase, bist Du schon wach?
Es ist die Stimme vom andern Ende,
die ich irgendwie von früher kenne.
Sie sagt: Hör mal! Weißt Du was?
Es war wie früher, nur besser.
Du bist süß, aber etwas blass.
Ich koch Dir Kaffee, drei oder vier.
Bleib einfach liegen, ich wohn jetzt bei Dir.
U N S I N K B A R (Album 2019)
Wie glücklich bist Du auf einer Skala von 1 bis 10?
Hallo, ich bin’s, bist Du da?
Wenn Du mich hörst, ruf zurück.
Will nur wissen, wie’s dir geht.
Was machst Du so im Augenblick?
Schade, gehst nicht ran.
Solltest Du aber, irgendwann.
Es bringt nichts, mir aus dem Weg zu gehn,
gestern hab ich Dich im Park gesehn.
Ich will nur wissen, wie glücklich Du bist
auf einer Skala von eins bis zehn.
Hallo, ich bin’s, bist Du da?
Jedes mal geht die Voicebox an.
Hab Dich geseh’n, auf Instagram,
hübsches Bild: Du und der Mann.
Na dann, Gratulation!
Knipst Ihr noch oder fickt Ihr schon?
Du solltest mal zum Fenster geh’n,
siehst Du mich auf der Straße steh’n?
Ich will nur wissen, wie glücklich Du bist
auf einer Skala von eins bis zehn.
Hallo, ich bin’s, geh endlich ran!
War doch alles nicht so gemeint.
Macht mich halt fertig, das mit uns,
dich nicht mehr, wie es scheint.
Ich weiß, er ist bei Dir, sag ihm:
ich wart’ auf ihn vor der Tür.
Man kann euch hinter’m Vorhang sehn,
Ich kenne so Typen wie den.
Dem ist egal, wie glücklich Du bist,
auf einer Skala von eins bis zehn.
Hallo, hier ist das DRK, ist jemand da?
Wenn Sie mich hör’n, geh’n Sie bitte ran.
Hier liegt ein Mann, ist er Ihnen bekannt?
Ich ruf auf seinem Mobilphone an.
All seine Mails war’n nur für Sie,
Sie sind doch Natalie?
Er hat den Bus kommen seh’n,
blieb trotzdem auf der Straße steh’n.
In den Mails steht nur: Wie glücklich bist Du,
auf einer Skala von eins bis zehn?
Das Bad ist nicht groß genug für Dich und mich!
Ich steh im Bad, kratz mir den Bart,
bin ganz allein, schalt die Zahnbürste ein.
Im Spiegel seh ich sie, sie grinst irgendwie,
ihre Augen sind ganz rot, der Blick ziemlich tot.
Sie sitzt auf der Fensterbank, läuft die Wand entlang,
fliegt zum Wasserhahn und starrt mich an.
Ich sag: Ganz ehrlich? Entweder Du oder ich!
Das Bad ist nicht groß genug für Dich und mich.
Ich steh im Bad, kratz mir den Bart,
endlich allein, ich schalt die Zahnbürste ein.
Im Spiegel ist ein Mann, schaut mich seltsam an,
sein Kopf ist fast kahl, die Haut wie Resopal.
Er grinst wie’n totes Pferd, irgendwie spiegelverkehrt,
steckt meine Zahnbürste in seinen Mund.
Ich sag: Ganz ehrlich? Entweder Du oder ich!
Das Bad ist nicht groß genug für Dich und mich.
Frau Z. und Herr B.
Parkstraße vier, Montag früh 6 Uhr, Herr B.: Bad, Dusche, Deo, Rasur, Frau B.: Küche, Kaffee, Toast, Rührei, Sie: Hausputz, er: Porsche, A 3.
Stadtzentrum, Bankhaus, kurz nach 8 Uhr, Frau Z.: Blazer, Rock, Hochsteckfrisur. Frühstück: Apfel, R 1, Kaffee Haag, Handyklingel, Kundenauftrag.
Zehn Uhr, Händlerflur, caps, calls und swaps, Bildschirm: Markdaten, Meldung Mailbox. Marktanalyse: Zertifikat, Telefonorder: Zinsderivat. Herr B.: im Minus, Frau Z.: Gewinn, sie: Tee, er: Benzodiazepin.
Ein Uhr, Lufthansa, Flug Drei Acht Zwo, Frau Z., Herr B., sie: Saft, er: Bourdeaux. London, Meeting, Anlageprodukt, Beifall, Investor beeindruckt.
Downtown Soho, 3-Sterne-Lokal, Frau Z.: Salat an eau mineral, Herr B.: Bordeaux, Steak, drei Nasen Schnee, Er: lock’rer Schlips, sie: Dekollete.
Hotel, Aufzug, Herr B. ohne Schlips, Frau Z.: Frisur korrekt, kleiner Schwips, Penthouse Suite, Win-Win Situation, Moet Chandon, Aktion, Reaktion, Frau Z.: Investment nackter Popo. Herr B.: Penis Perfomance: no!
Dienstag, zwanzig Uhr, Parkstraße vier, Frau B., Neglige, Duft von Allure. Herr B., Kühlschrank, Eis, Vodka Red Bull, TV-News: Lehman-Brothers auf Null. „Wie war London?“ Sie, nackt, Schlafzimmer, Er: Vodka pur, „So wie immer“!
Unsinkbar
Die Sonne versinkt am Horizont, irgendwo hinter Bad Pyrmont.
Ich sitz im Zimmer Nummer einhundertzwo, nebenan rauscht laut ein Klo.
Es wird Nacht im Miramar, doch da ist Licht in der Minibar.
Ich trinke Gin auf Eis und höre Frank Sinatra.
Ich lese deinen Abschiedsbrief, Du bist so kalt wie ein Islandtief.
Ich geh vor Anker in der Minibar, ich bin unsinkbar!
Ich sitz im Zimmer Nummer einhundertzwo, nebenan stöhnt ein Pornovideo.
Es ist Nacht im Miramar, doch da ist Licht in der Minibar,
ich trinke Gin auf Eis und singe Frank Sinatra.
Ich zerreiße deinen Abschiedsbrief, ich bleib so kalt wie Corned Beef.
Ich geh vor Anker in der Minibar, ich bin unsinkbar!
Ich geh vor Anker in der Minibar, ich bin unsinkbar!
Sie und er
Sommer, Sonne, Strand, irgendwo am Meer,
es riecht nach Tang und Ambre solaire.
Frauen bräunen Haut, Kinder schaufeln Sand,
Männer spielen Ball, Wellen schlagen an Land.
Sie liegt im Sand, schaut auf’s iPhone.
Neben ihr sitzt er, mit einer Erektion.
Er streichelt ihr Bein, sie wischt herum,
er redet und lacht, sie nickt stumm.
Eine Möwe schreit,
er trinkt Red Bull,
sie Cola light.
Ein Tag am Meer,
sie und er.
Die Sonne brennt, er cremt sie ein,
ihr iPhone summt, ihn juckt das Bein.
Sie raucht Pall Mall und telefoniert,
er schaut sie an und transpiriert.
Dann weht ein Wind,
er schwimmt im Meer,
sie kaut Spearmint.
Ein Tag am Meer,
sie und er.
Der Mond geht auf über’m Strandcafe,
sie raucht Pall Mall, er bestellt Rosé,
Er schaut aufs Meer, sie blickt zur Bar,
der Kellner grinst, sie streicht durch ihr Haar.
Der Leuchtturm blinkt,
sie inhaliert
und er trinkt.
Ein Tag am Meer,
sie und er.
Sonntag früh um 10
Papa trinkt Kaffee, Mama rührt im Tee,
Baby löffelt Brei, Papa köpft ein Ei,
Hund hat Durst und säuft, Babys Nase läuft:
Sonntag früh um 10.
Mama isst Baguette, Papa liest SZett,
Baby hat jetzt Durst, Hund wittert Wurst,
Papa blättert um, Fliege summt herum:
Sonntag früh um 10.
Mama kocht Kakao, Radio meldet Stau,
Auto draußen hupt, Baby pupt,
Papa geht auf’s Klo, Hund leckt sich den Po:
Sonntag früh um 10.
Er hieß Erika
Er hieß Erik, war Pastor
in der Pfarre Sankt Theodor.
Ein frommer Mann des Vatikan,
so glaubte jedermann.
Heimlich in der Sakristei
schminkte er sich als Lorelei,
trug Tütü und Büstier,
tanzte zu Schwanensee.
Plötzlich sah Schwester Cordula
den Pastor mit Push-Up-BH.
„Der Satan,“ schrie sie, „in Weibsgestalt“,
sie lebt jetzt in der Heilanstalt.
Der Bischof sprach: kehr um, mein Sohn,
dein Weg führt in das Purgatorium!
Doch Erik tanzte weiter Cha Cha Cha
und nannte sich nun Erika.
Jemand sah ihn im Negligé,
irgendwo an der Chaussee.
Man fand ihn bald im finst’ren Wald,
doch da war er längst schon kalt.
Im Himmel fand Eriks Seele Ruh,
die Engel trugen auch Dessous.
Und Gott verkündete: „Ich heiß nicht Gott!
Mein Name ist Charlotte !
Der Tag an dem Georg vorüberging
Warteschlange im Supermarkt,
kurz vor vier,
auf dem Band liegen Butter, Shampoo,
Pizza, Klopapier.
Karla schiebt die Ware durch die Kasse,
der Scanner piept,
Münzen klimpern, die Kasse klingelt,
ein Kleinkind quiekt.
Karla sieht durch’s Fenster,
einen Mann, der vorübergeht.
sie sieht, dass er sie anlächelt
und dass der Wind sein Haar verweht.
Die Sterne war’n günstig,
das yang und das ying,
im Aldi Süd in Dingolfing
an dem Tag,
an dem Georg vor rüberging.
Sehkrafttest im Brillenladen,
um vier,
der Optiker schaut in Georgs Augen,
notiert was auf Papier.
Sehkrafttest, Hornhautvermessung,
Georg bekommt ein Linsenpaar.
Als er auf die Straße tritt,
sieht er wieder klar.
Karla, die aus dem Aldi kommt,
hat er noch nie gesehn,
doch das Auto hinter ihr,
den Dreier BMW.
Die Welt war scharf,
die Ampel, die Parkuhr
die blonde Frau auf der Fahrspur
an dem Tag,
an dem Marvin hundertdreissig fuhr.
Probefahrttermin im Autocenter,
kurz nach vier,
der Händler reicht den Schlüssel,
öffnet die Autotür,
Marvin dreht den Schlüssel,
der BMW faucht laut,
der Händler hebt den Daumen,
Marvin kriegt Gänsehaut.
Der BMW rollt durch die Straßen,
das iPhone rappt Kool Savas,
Hundert Meter bis zur Ampel,
Marvin gibt kurz Gas.
Der Flow war cool,
der Turbo explosiv,
Die Ampel war rot,
die Sonne stand tief,
an dem Tag,
an dem Karla vor das Auto lief.
Die Nase von Brad Pitt
Dies ist die Story von Heinz K., angestellt bei Edeka,
wohnhaft Wuppertal.
K. besaß ’ne Höckernase und ein Kinn wie’n Osterhase
und auch Haarausfall.
Da sah K. in RTL Doktor B. mit dem Skalpell von der Beauty Clinic
in Köln-Bayenthal.
B. spritzte Botox, saugte Fett, sägte Nasenhöcker weg,
implantierte, nähte, schnitt.
K. wollte auch eine OP, doch die Bank gab kein O. K.
und verwehrte den Kredit.
K. besorgte ein Gewehr; in der Postbank Langendreer rief er:
Geld her – oder ich schieß!
Er wollte nur die Nase von Brad Pitt, das Haar von Helmut Schmidt,
Das Kinn von Cary Grant, die Augen von James Bond.
Er wollte nur den Mund von Steve Mc Queen, die Ohren von James Dean
und das Glied von Sasha Hehn.
Dank der Kamera in der Bank hat die Polizei erkannt,
dass K. der Gangster war.
Stefan D., der Kommissar, fand K. in einer Bar
downtown Wuppertal.
D. trank Whiskey mit Heinz K. und sie kamen sich sehr nah,
nur die Kripo sucht noch Heinz K., wie er mal war.
Er hat jetzt die Nase von Brad Pitt, das Haar von Helmut Schmidt,
das Kinn von Cary Grant, die Augen von James Bond.
Er hat den Mund von Steve Mc Queen, die Ohren von James Dean
und das Glied von Sasha Hehn.
Schönen guten Tag
Dienstbeginn im Büro,
noch keiner da, ich öffne das Rollo,
die Sonne scheint zum Fenster rein.
Ich gieß die Palme auf dem Fensterbrett,
lockere den Schlips, öffne mein Jackett,
starte den PC, logge mich ein.
Die Arbeit beginnt mit Schriftverkehr,
ich lese Mails, steck Verträge ins Kuvert,
irgendwo muss meine Kaffeetasse sein.
Ein Schadensfall, ich prüf den Sachverhalt,
Vermerk: Kein Anspruch, höhere Gewalt,
die Kollegin schaut zur Tür herein.
Das Postfach ist wie immer voll
Vertragsabschlüsse, ein Schadensprotokoll,
im Antrag fehlt eine Unterschrift.
Ein Kunde schimpft am Telefon,
ich erkläre die Situation,
die Kollegin trägt heute Lippenstift.
Ich sitze im Büro von acht bis siebzehn Uhr,
tippe Zahlen in die Tastatur, lege Akten an,
hefte Vorgänge ab, keine Zeit auszuruhn.
Und klingelt dann das Telefon,
heb ich ab, sag in freundlichem Ton:
„Schönen guten Tag, mein Name ist Nils Holt,
was kann ich für Sie tun?“
Der Drucker piept, kein Papier,
die Kollegin ruft, ich geh zu ihr,
füll die Cassette bis zum Rand.
Der Drucker blinkt und druckt,
die Kollegin wartet und guckt,
ich atme ihr Deodorant.
Im Maileingang ein neuer Termin,
Mitarbeitergespräch, ich muss gleich hin,
der Teamleiter wartet schon auf mich.
Er redet von Digitalisierung
und von Umstrukturierung:
„Seh’n Sie’s so: jetzt hab’n Sie Zeit für sich!“
Ich sitze im Büro von acht bis siebzehn Uhr
tippe Zahlen in die Tastatur, lege Akten an,
hefte Vorgänge ab, keine Zeit auszuruhn.
Und klingelt dann das Telefon,
heb ich ab, sag in freundlichem Ton:
„Schönen guten Tag, mein Name ist Nils Holt,
was kann ich für Sie tun?“
Ich seh Jets Kreidestriche über den Himmel ziehn,
hör Kraniche schreiend Richtung Süden fliehn.
Ich sitz zuhaus von acht bis siebzehn Uhr
tippe Zahlen in die Tastatur, lege Akten an,
hefte Vorgänge ab, keine Zeit auszuruhn.
Und klingelt dann das Telefon,
heb ich ab, sag in freundlichem Ton:
„Schönen guten Tag, mein Name ist Nils Holt,
was kann ich für Sie tun?“
Die Vorstadt von Wien
Du willst reden, ein letztes mal.
Ich will gehen und ruf den Kellner: Zahl’n!
Du hast Fragen, fragst dies und das.
Ich soll was sagen und weiß nicht, was.
Die Uhr tickt leise,
die Zeit tropft vor sich hin.
Gleich geh ich auf die Reise
in die Vorstadt von Wien.
So sitzen wir schon seit seit Stunden hier.
Du hältst meine Hand und ich schau zur Wand.
Du hast gewartet, die ganze Nacht.
Ich hab woanders die Nacht verbracht.
Die Uhr tickte leise,
die Zeit tropfte vor sich hin.
Ich stand am Gleis
in der Vorstadt von Wien.
Jetzt sitzen wir schon seit Stunden hier
Du hältst meine Hand und ich schau zur Wand.
Die Uhr tickt leise,
die Zeit tropft vor sich hin.
Mein Zug ist längst auf der Reise
in die Vorstadt von Wien.
So sitzen wir schon seit seit Stunden hier.
Du hältst meine Hand und ich schau zur Wand.
Die längste Nacht in diesem Jahr
Der letzte Tag in diesem Jahr,
sie steht im Bad und kämmt ihr Haar,
sie tuscht die Wimpern, schminkt ihren Mund,
und das Radio spielt im Hintergrund.
Sie verläßt das Haus,
geht zum U-Bahnschacht,
steigt in die Bahn,
das wird ihre Nacht.
Sie sitzt an der Bar, trinkt Cola-Rum,
zehn nach zehn, sie schaut sich um.
Der Club ist voll, jeder trinkt und raucht,
und der Sauerstoff ist längst schon aufgebraucht.
Eine Blonde lacht, wie in der Werbung von Odol,
sie winkt dem Barmann, sie braucht noch Alkohol.
Die letzten Minuten und Sekunden,
in der längsten Nacht in diesem Jahr.
Sekunden dehnen sich zu Stunden
an diesem Abend an der Bar.
Nie war sie so schön wie heute,
doch unter all den Leuten
war niemand,
der ihre Schönheit sah.
Kurz nach zwölf, sie ist noch immer hier,
der Dee-Jay spielt Abba, Happy new year.
Sie steht vor’m Spiegel, ist ganz allein,
prostet sich zu mit einem Glas Wein.
Die Blonde kommt ins WC und sagt: Hallo!
Doch sie dreht sich um und hält den Kopf ins Klo.
Die letzten Minuten und Sekunden,
in der längsten Nacht in diesem Jahr.
Sekunden dehnen sich zu Stunden
an diesem Abend an der Bar.
Nie war sie so schön wie heute,
doch unter all den Leuten
war niemand,
der ihre Schönheit sah.
Alles ist wie immer, doch nichts ist wie vorher
Ich seh Leute im Café,
sie trinken grünen Tee,
lachen, gestikulier’n.
Ich seh Rentner in beige
Schaufenster inspizier’n
und einen Glatzkopf mit Dogge
das Revier markier’n.
Zwei Frau’n mit blondem Haar
stöckeln übers Trottoir,
voll bepackt mit Taschen
von Gucci und Prada.
Im Arm der einen Frau
kläfft ein kleiner Hund,
und ein SUV
bremst im Hintergrund.
Und die Sonne scheint auf die große Stadt,
das Radio meldet dreißig Grad.
Männer küssen Frau’n, Rentner fahren Rad,
Kinder essen Eis, Würstchen, Pommes, Salat.
Und es riecht nach Pizza, Kebab, Schishabar
alles ist wie immer, aber nichts ist, wie es war:
Du bist nicht mehr da.
Ich seh Leute im Café,
sie löffeln Eissorbee
und telefonier’n.
Seh die Rentner in beige
Speisekarten studier’n,
den Glatzkopf und die Dogge
in einer Ecke urinier’n.
Die eine Blonde winkt,
der SUV blinkt,
ein Typ mit Hals-Tattoo
stiefelt auf die Damen zu,
in der Schlange hupen Autos,
Taxis und ein Bus,
der Typ greift den Hund
und gibt ihm einen Kuss.
Und die Sonne scheint auf die große Stadt,
das Radio meldet dreißig Grad.
Männer küssen Frau’n, Rentner fahren Rad,
Kinder essen Eis, Würstchen, Pommes, Salat.
Und es riecht nach Pizza, Kebab, Schishabar
alles ist wie immer, aber nichts ist, wie es war:
Du bist nicht mehr da.
Sie träumt vom Meer
Sie liegt in der Wanne, ist ganz allein;
streut Badesalz ins Wasser, rasiert ihr Bein.
Dampf beschlägt den Spiegel, die Zeit verrinnt
und sie träumt vom Meer, von Wellen und vom Wind.
Sie träumt von fernen Ländern, von Rio und Shanghai,
vom Captain’s Dinner mit Champagner dry.
Das Radio spielt ein Lied und eine Stimme singt:
Ein Schiff wird kommen, das mir den einen bringt.
Und sie träumt vom Meer, von großen weißen Schiffen
Sonnenuntergängen an Korallenriffen.
Einmal will sie nur mit einem blonden Kapitän
auf große Reise geh’n.
Er treibt im Wasser, ist ganz allein,
die andern sind fort, das Boot sank wie ein Stein.
Wolken ziehn am Himmel, die Zeit verrinnt,
und er träumt von zu haus, von Frau und Kind.
Er schaut umher, doch der Horizont ist leer,
über ihm nur Himmel, unter ihm das Meer.
In seinem Kopf ist eine Stimme und die Stimme singt:
Ein Schiff wird kommen, das mich nach Norden bringt.
Und er träumt vom Meer, von großen weißen Schiffen,
Sonnenuntergängen ohne Luftangriffe.
Einmal will er nur mit einem blonden Kapitän
auf große Reise geh’n.